Ein wirklicher Einblick in das Leben und Schicksal einzelner Menschen in der DDR – das ist es, was einem oft fehlt, wenn man die deutsche Teilung nicht miterlebt hat und sonst nur als Daten und Fakten aus dem Geschichtsunterricht kennt. Umso besser gelingt es Klaus Kordon in seinem autobiographischen Roman „Krokodil im Nacken“ Geschichte zu vermitteln, indem er eine Lebensgeschichte erzählt. Authentisch und ehrlich erhält man so eine Vorstellung vom ostdeutschen Alltag, den Stasi-Verbrechen und mittendrin geht es um Manfred Lenz, der zwischen Anpassung und Auflehnung versucht, seinen eigenen Weg zu finden. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch mit seiner Familie in den Westen muss der DDR-Bürger Lenz ein Jahr im Hohenschönhausener Stasi-Gefängnis zubringen und durchlebt eine Zeit voller Verhöre, Einsamkeit, Unsicherheit und doch immer wieder auch Hoffnung.
Rückblickend erinnert er sich an Szenen seiner Kindheit in der Nachkriegszeit, seine Jugend in sozialistischen Kinderheimen, an den 17. Juni 1953, den Mauerbau, und schlussendlich an die Entscheidung, trotz seines beruflichen Aufstiegs (einschließlich Auslandsreisen) nicht mehr in einem Land leben zu können, „in dem die Anpassung ans Establishment nicht nur als die höchste Tugend galt, sondern wer sich nicht anpasste auch noch verfolgt wurde“.
So lernt man Lenz auf ganz besondere Weise kennen und verstehen, und verfolgt mit Spannung seine Entwicklung, weil er nicht etwa als zu bemitleidendes Opfer über erlittenes Unrecht jammert, sondern humorvoll, aufrichtig und unverstellt seine persönliche Geschichte erzählt. Dabei ist es immer wieder das „Krokodil im Nacken“, sein „besseres Ich“, das ihn beobachtet, anklagt, und dazu treibt, kompromisslos zu handeln und auszuleben, was er denkt.
Für junge Leser wie für Erwachsene ein wertvolles Buch über die deutsch-deutsche Geschichte.