Sitzen zwei Frauen auf einer Friedhofsbank. Sie heißen Frau Maultasch und Frau Blattschuss, Frau Zipp und Frau Pahl oder Frau Glöde und Frau Kling. „Der Name bleibt, damit man nicht umsonst gelebt hat.“ Sie sitzen da jeden Tag, stoisch, manchmal gar im Wasser, also im Wetter, das als Regen an ihnen herunterläuft. Es gibt Tage zum Wegschmeißen und Tage, naja, solche und solche. Morgen ist wieder ein Tag. So oder so. Ach so.
Die betagten Damen philosophieren über Kreuzworträtselwörter und über die Zeit. Läuft nicht davon. Sie machen sich ihre Gedanken über die Natur und über Hunde. Das Tier kennt sich nicht. Man muss auch abschalten können. Sie sinnieren über das Sterben, die Endlichkeit, die Ewigkeit und die Wiederholung des Immergleichen. Dagegen kann man nichts machen. Wir können die Welt nicht aufhalten. Für eine Frau wär’s zu viel. So geht das immer weiter. Der Kopf will gar nicht mehr mit, so schnell geht alles.
Aufgeschrieben hat die „Damengespräche“ der begnadete Bilderpoet Horst Hussel. Was vordergründig als abgelauschter Gagaismus erscheinen könnte, ist freilich eine höchst kunstvolle Montagedichtung aus skelettierten Floskeln, Sprachschablonen, Konversationskrücken, an denen man sich festhalten kann, wenn die Ordnung der Welt wankt und die Löcher des Vergessens unübersichtlich werden.
Sagen Sie jetzt nichts. Sag ich doch. Von Ihnen lass ich mir gar nichts sagen. Zum grenzdementen Stammeln mit seinen Leerstellen und überraschenden Erkenntnisblitzen passt die Kunst des Weglassens, der Andeutung, die Hussel auch in seinen krakeligen Kleinstbildern und Grafiken pflegt. Für Katharina Wagenbachs Friedenauer Presse zeichnet der Gründer der „Freien Räterepublik Mekelenburg“ bis heute die Umschläge.
Die Friedhofsbank ist pataphysisch zu verstehen, nach Alfred Jarry eine nonsensische Parodie der Wissenschaft auf die Metaphysik. Oder so. Und Naturalismus ist ein Irrtum. Sagt der Erfinder dieser irrwitzigen Dada-Dialoge.
Mir war, als hättest du was gesagt. Was? Darauf hab ich gewartet. Mehr kann man nicht erwarten.