Mit seinem neuen Roman beweist Stephen King wieder einmal, dass er als einer der bedeutendsten Gegenwartsautoren der USA gelten kann. Er erweist sich als ein Analytiker der zerbröselnden nordatlantischen Zivilisation. Die Zivilisierten und die Barbaren auseinanderzuhalten, ist in dieser Gesellschaft kaum mehr möglich.
Billy Summers (Heyne, 26 Euro) ist ein ausgebildeter Scharfschütze. Er hat Dienst im Irakkrieg getan — eine gute Voraussetzung, um sich wieder in der Heimat durchzuschlagen: Einen letzten Auftrag möchte der professionelle Killer noch ausführen, bevor er sich mit zweieinhalb Millionen Dollar zur Ruhe setzen kann. Doch einiges geht schief, das Leben durchkreuzt den Plan.
Das ist genial: Der Auftragskiller tarnt sich als Schriftsteller! So gelingt Stephen King nicht nur die Beschreibung der heutigen USA als einer waffenstarrenden Gesellschaft, deren Mehrheit dem Glauben an das Recht des Stärkeren ihr Selbstbewusstein verdankt. Er bringt auch ein Plädoyer für die Kraft der Literatur, die die Schreibenden und Lesenden zur Selbstdistanzierung befähigt, welche menschliches Mitgefühl erst möglich macht:
„Ich behalte immer zwei Personen im Sinn, wenn ich mich an den Schreibtisch setze — mich selbst und den Fremden.“