Es gibt Bücher, die laufen irgendwie unter dem Radar. Nicht großartig beworben, nicht vom Verlag gehypt, von der Kritik weitestgehend unbemerkt, unbesprochen, stehen sie still, unaufdringlich und bescheiden zwischen hundert anderen im Regal in der Buchhandlung und harren derer, die sie beim ziellosen Stöbern bemerken mögen, einem Impuls folgend mitnehmen und dann für immer lieben.
Einzelgänger Männlich ist ein solches Buch.
Bereits 1939 erstmals veröffentlicht und in der Folge immer mal wieder aufgelegt, ist mir seine Existenz bis zum Jahr 2018 verborgen geblieben, als ich es erstmals in die Hand nahm, angezogen, fasziniert von dem Kopf eines Mannes mit schreckgeweiteten Augen und angstvollem Blick, gemalt im Stil alter Filmplakate oder reißerischer Groschenromane, der den Umschlag des Buches ziert.
Seitdem geht dieses von mir erworbene, am Stück verschlungene – inzwischen sicher schon vollkommen zerlesene – Exemplar von Hand zu Hand, weil jeder, der es mit angehaltenem Atem an einem Abend durchgelesen hatte, es mit einem Ausruf der Begeisterung an einen Freund oder eine Freundin weitergegeben hat.
Households Einzelgänger ist ein gutsituierter englischer Gutsbesitzer, Clubmitglied und – für Leute dieses Schlages zu Beginn der 1930er noch obligat – Jäger. Von Hause aus unpolitisch, aber mit einem sehr persönlichen Motiv, macht er sich auf die Jagd nach einem (nicht namentlich genannten, doch unzweifelhaft identifizierbaren) Diktator. Denn welches Wild könnte zu dieser Zeit größer sein, welche Pirsch aufregender, welcher Jagderfolg triumphaler! Er spürt ihn auf, schleicht sich geräuschlos an, legt ruhig und konzentriert aus dem Hinterhalt auf ihn an und …
… wird plötzlich selbst zum Gejagten, denn des Diktators Leibgarde hat ihn entdeckt.
Nun beginnt eine der spannendsten Verfolgungsjagden der Literaturgeschichte und Geoffrey Household beweist sich als der Meister des knappen Entkommens. Was als die Jagd eines Einzelnen auf eine dunkle Macht beginnt und sich schnell in die Jagd der dunklen Mächte auf einen Einzelnen verwandelt, mündet schließlich in einen beinahe archaisch-rituellen Zweikampf, ein Kräftemessen, bei dem es nicht mehr im moralischen Sinne um Gut oder Böse geht, sondern um die nackte Existenz, darum, wer die besseren Instinkte hat, den stärkeren Willen, wer das listigere Tier ist.
Households Verfolgungsthriller lässt uns etwas spüren, was uns Menschen schon seit Langem unbekannt ist: die Panik der Kreatur, die dem Verfolger scheinbar nicht entrinnen kann.