Absteigen bitte!

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Heute stehen zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes vor meiner Ladentür. Aber keine Sorge: ich verfüge über eine Ausnahmegenehmigung nach der Straßenverkehrs-Ordnung zum Herausstellen von Waren auf den Bürgersteig. Sie können hier also weiterhin mit Sonderangeboten an Büchern und Kalendern rechnen.

Nicht erlaubt ist laut Straßenverkehrs-Ordnung allerdings das Fahrradfahren vor meinem Laden. Der Gehweg ist für Flaneure da! Das Motto der Kontrolleure vom Ordnungsamt lautet also: Absteigen bitte!

Das Unvorhersagbare

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Viele Kunden greifen gerne zur KUNSTZEITUNG, die am Anfang eines jeden Monats in der Buchhandlung ausliegt.

Ich empfehle in der Mai-Ausgabe das Gespräch mit Frieder Nake, Mathematiker, Informatiker und Pionier der Computerkunst, der den derzeitigen technokratischen Diskurs kritisiert: Leute, es geht keineswegs um Digitalisierung, das ist reine Ideologie. Es geht um Algorithmisierung. Die digitale Form bedeutet nur, wie das gespeichert wird. Die Algorithmisierung ist es, was die Sache mit uns anstellt — die Welt vorhersagbar machen. Es geht dem Kapital darum, dass das, was es macht, kalkulierbar wird, jedoch so, dass der Konkurrent nicht an seine Machenschaften herankommt.

Ich begreife die Buchhandlung als einen Ort, an dem das Unvorhersagbare stattfindet. Viele Kunden lassen sich von Büchern ansprechen, die ihnen hier zum ersten Mal begegnen, sich mithin von Stimmen verführen, deren Nuancen sich ihnen nur langsam erschließen.

Der höchste Gipfel Berlins

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Hans Zippert hat ein wahnwitziges Ziel: Er will die höchsten Gipfel aller Bundesländer in Deutschland erklimmen. Seine Reportagen sind nun im Buchform hier!

Bequemer als auf den Hauptstadtgipfel geht es eigentlich nicht. Eine Anstrengung lohnt alleine die Frage, ob die Müggelberge nur 113,7 Meter oder doch immerhin 114,8 Meter über den Meeresspiegel hinauswachsen. Das gastronomische Angebot im Basislager Restaurant Rübezahl ist allerdings nicht herausragend, es empfiehlt sich also Proviant einzupacken, um für die Bergwanderung gut gerüstet zu sein.

Ein Strauß an Frühlingspoesie

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Die Sonne strahlt heute und der Himmel ist blau!

Zuverlässig fängt jedes Jahr der Frühling in Friedrichshagen an, wenn wir zum literarisch-musikalischen Nachmittag in die Buchhandlung einladen! Heute stellt die Künstlerin Cathrin Alisch ihr Programm Liederlenz – von Kaléko bis Kosegarten vor, welches einen wunderbunten Strauß an Frühlingspoesie bringt.

Diese Veranstaltung ist ein Geschenk an unsere treuen Kunden. Wenn auch Sie einmal dabeisein wollen, dann melden Sie sich bei mir hier.

Wo wir noch reden wie die Nazis

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Es gibt in diesem Land leider Leute, die sich bewusst der Sprachmelodien bedienen, mit welchen die Nationalsozialisten ihren Feldzug gegen als undeutsch ausgegrenzte und ausgeschaltete Menschengruppen orchestrierten.

Feldzug ist aber auch ein von der NS-Propaganda eingeführter Begriff: Es ist wahrhaftiger, von Angriff, Krieg oder Überfall zu sprechen, rät der Autor des vorliegenden Buches. Matthias Heine will hier nicht Sprachpolizei spielen, sondern uns als Sprachforscher mit der Herkunft von Phrasen bekannt machen, die möglicherweise aus dem Wortschatz der NS-Zeit stammen. (mehr …)

Auf einen Kaffee mit Doderer

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Eine Tasse Kaffee, tausend Inhaltsstoffe, eine Million Möglichkeiten, so heißt es in dem neuen Buch aus der Mens-Sana-Reihe, das ich Ihnen hiermit anpreise: die positiven Auswirkungen von Kaffee auf die Gesundheit sind unbestritten!

Wie wir wissen, hat Heimito von Doderer, ein Solitär unter den deutschsprachigen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts, großen Wert auf die körperliche und geistige Ertüchtigung gelegt. Es geht hier eigentlich darum, Ihnen unsere kommende Lesung schmackhaft zu machen:

… der schwarze Kaffee, die starke Zigarette, das Köstlichste des noch nicht angebrochenen Tags — das Motto hat Gerald Sommer ausgesucht, der gemeinsam mit Eva Menasse und Lutz-W. Wolff eine Auswahl aus Doderers Werk zum Thema Kaffee, aber auch zu seiner Leidenschaft für den Tabak vortragen wird.

Es handelt sich also wieder um eine Kooperation mit der Heimito-von-Doderer-Gesellschaft, deren Mitglieder ich herzlich willkommen heiße. Auch Sie als Kunden sind natürlich eingeladen, bitte melden Sie sich hier an!

Die Veranstaltung soll am Samstag, dem 2. März 2019, um 18 Uhr beginnen. Gerne servieren wir Ihnen einen Kaffee. Geraucht wird jedoch vor der Tür.

Onomatopoesie

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Wie hört sich eine Straßenbahn an? Die Schöneicher hat ältere Modelle, die ganz schön rattern und kreischen, doch die neuen, aus Helsinki übernommenen Fahrzeuge geben vielleicht Flüstertöne von sich.

Wer weiß das besser als Sie, die mit der Straßenbahn aus Schöneiche in die Bölschestraße kommen? Und das jetzt mit Unterstützung von leselieber! Die Werbung, die in den Straßenbahnwagen zu sehen ist, möchte auf eines der besten Bücher aufmerksam machen, das in dieser Buchhandlung immer vorrätig ist. Das Buch fängt übrigens mit einer Bahnreise an …

Ein Dandy im Hause Österreich

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Der Februar ist der Bernhardmonat, 1931 in diesem Monat wurde der österreichische Dichter, der seine Abkunft mit vielerlei Legenden versah, geboren, vor dreißig Jahren starb er, gerade 58 Jahre alt.

Nun ein Bilderbuch über seine Häuser, deren Räume und Einrichtungen und wie er sich darin inszenierte: Schauen Sie selbst, es liegt im leselieber-Laden aus! Alleine der Essay von Barbara Vinken macht es lesens- und besitzenswert: Das Skandalon Bernhards liegt darin, dass er das Reich nicht konstruktiv kritisiert oder zu reformieren sucht, sondern es als vollendeter Blender und Dandy überbietet und erfüllt: das österreichische Römertum, das imperiale Österreich übertrieben herausbringt, schreibt die Modetheoretikerin und Literaturwissenschaftlerin.

Alle Oberflächlichkeit, die man an Bernhard kritisieren mag, zeugt doch von der ihr zugrundeliegenden Verzweiflung; mit Spott über das zeitgenössiche Österreich verkleidete der Dichter seine Liebe.

Wie wir leben

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Das Leben erweist sich als intensiv in den Verwerfungen, auch im Misslingen, in dem, was auseinanderbricht und womöglich unheilbar bleibt.

Elizabeth Strout entfaltet ein Abbild der Menschlichkeit voller Trauer und Schmerz. Fäden der Treulosigkeit und des Verrats durchzogen alles, und Nächte und Tage gingen damit hin, Trost zu spenden und Trost zu empfangen. (mehr …)

Zum Glück geht unser Augenblick an uns vorbei

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In dieser geschäftigen Zeit will ich innehalten: Wilhelm Genazino ist gestorben, einer der großen Kleinschriftsteller, ein sympathischer Betrachter der Gegenwart, unseres Verschwindens darin und daraus,

Genazino schrieb in einem seiner letzten Versuche: Jeder kennt den Anblick von Menschen, die irgendwo in der Gegend herumstehen und auf ihren Augenblick warten. Zum Glück geht unser Augenblick an uns vorbei und erkennt uns nicht. Zum Glück sage ich, denn man muss fürchten, dass wir diesen Augenblick nicht ertragen könnten.“