„Sagen Sie in der Küche, sie sollen die Gänseleber rösten, mit einem Apfel und einer Zwiebel!“ Der Astronom Giordano Bruno ist auf Seite 116 bzw. im Jahr 1637 schon lange tot, gestorben als Märtyrer der Wissenschaft, die sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit der Kirche anlegt. Die Forschungen zur Himmelsmechanik, die aus göttlichen Gestirnen simple Stein- und Gaskugeln machen, die irgendwo in einem unermesslichen Universum um irgendwas kreisen, sicher nicht um die Erde, passen der katholischen Kirche natürlich gar nicht. Was heute selbstverständlich ist, war damals eine Bedrohung für die geistige und weltliche Allmacht der katholischen Kirche. Die Protagonisten dieser Subversion wie Galileo Galilei oder Giordano Bruno werden Zielscheibe für die Inquisition. Im Gegensatz zu Bruno aber hat Galilei widerrufen und so sein Leben gerettet, und haust und schmaust 1637 als 73jähriger gut bewacht in einem Landhaus nahe Florenz.
„Muss der Mensch leiden und sterben, fragt uns diese Geschichte, im Dienste einer „höheren Sache“, sei es Wissenschaft, Revolution oder der Kampf für Demokratie und Freiheit? Existenzialistische Ernsthaftigkeit geht dieser bisweilen wohltuend flapsig-lockeren soap opera in voraufklärerischer Zeit völlig ab. Und die Antwort, wie ich sie verstanden habe – nein, Held sein muss der Mensch, als Individuum, nicht. Zwar legt Brecht seinem alten Galilei am Ende eines Monologes – etwas Reue in den Mund: „Ich habe meinen Beruf [die Wissenschaft] verraten. Ein Mensch der das tut, kann in den Reihen der Wissenschaftler nicht geduldet werden.“ Gerade damit hat Galilei aber unrecht, bringt doch ein lebendes Genie unter Hausarrest die Wissenschaft deutlich weiter als ein zu Tode gemarterter Physiker-Held.
„Das Schlusskapitel leiten einige Reime ein: „Hütet nun ihr der Wissenschaften Licht / Nutzt es und missbraucht es nicht / Dass es nicht, ein Feuerfall / Einst verzehre noch uns all.“ Zehn Jahre nach Hiroshima und Nagasaki mahnt der Schreiber die Macht und damit einhergehend die Verantwortung der Wissenschaft und der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an. Der Einstieg in das Buch – im Jahre 1610 – fängt mit einem Plagiat an, das von und zu Guttenberg wie einen Schulbub aussehen lässt. Nachdem Galilei von der Erfindung des Fernrohrs in Holland gehört hat, verkauft er den venezianischen Stadtherren selbiges als „Frucht siebzehnjähriger geduldiger Forschung“, um eine Gehaltserhöhung zu erhalten. Galileis schnittige Reden für die allein selig- bzw. vernünftigmachende Wissenschaft und gegen die venezianischen Krämerseelen werden leeres Gerede, wenn er über den ob diesem Betrug erbosten Universitätskurator spottet: „Hast Du gehört? Eine Welt in der man nicht Geschäfte machen, ekelt ihn an.“ Hier erscheint der Wissenschaftler, der immer am besten weiß, was gut ist für die Menschheit, sich nonchalant über jegliche Lebenswünsche seiner „nicht intelligenten“ Tochter hinwegsetzt, und von der Gesellschaft erwartet dass sie selbstverständlich die erforderlichen Mittel und unbegrenzte Freiheit für die Wissenschaft bereitstellt. Unbefleckt von jeglichem politisch-gesellschaftlichen Denken ist Galilei überzeugt, dass „der Papst selber jedem Versuch, mir aus irgendwas einen Strick zu drehen, ein geharnischtes Nein entgegensetzen“ wird – der Wissenschaftler als politisch denkender Citoyen ist damals wie auch heute noch zu erfinden.