Ich erinnere mich gut an das erste Lächeln das der Buchhändler an mich richtete. Es war der französischen Schriftstellerin Marguerite Duras und ihrem Werk Der Liebhaber verschuldet. Schon länger hatte ich den Buchhändler in Augenschein genommen. Ich wollte dass er mich mochte. Ein indirektes Gefühl sagte mir dass auch er so wie ich ein Nerd, ein Außenseiter, ein Einzelgänger war. Einer dem die Dichtung plausibler erschien als die Wirklichkeit. Allerdings schlugen sämtliche Kontaktversuche fehl. Ich versuchte möglichst uninteressiert durch seinen Buchladen zu schlendern, frei nach dem Motto „Ich bin nicht begeistert, bitte begeistere mich“. Zugegebenermaßen gestaltete sich dies extrem schwer, da der Buchhändler an jeder Ecke Bücher aufgestellt hatte deren Titel zum Haare raufen vielversprechend klangen.
Ich merkte sehr schnell dass diese gehirnamputierte Art der Interessenbekundung nicht funktionierte. Also versuchte ich es mit dem guten alten Blickkontakt. Doch sogleich musste ich feststellen dass der Buchhändler lediglich Blickkontakt mit seinen Büchern und den darin beschrifteten Seiten hielt. Seine Lider hielt er stets gesenkt immer auf Höhe des Buches dass er gerade studierte/verkaufte/rettete sprich an den Mann oder an die Frau brachte.
Zu jener Zeit geisterte Marguerite Duras durch mein literarisches Gedächtnis, wollte ich ihr doch die Ehre erweisen und ein Werk von ihr nicht nur lesen sondern mein eigen heißen. Im Buchladen wandte ich mich sogleich an den Buchhändler: „Ich suche nach Duras … Der Liebhaber “ Und dann passierte es. Seine Lider hoben sich, er schaute beeindruckt auf, in einer Zehntel Sekunde schloß er von der Duras auf meinen erlesenen Intellekt und schenkte mir ein aufrichtiges Buchhändlerlächeln. Von diesem Tag an war ich für ihn die junge durchdringend dreinschauende schwangere Frau die Duras las.